Eine 180°-Wende beim Workshop-Moderieren: aus dem Jammertal zur Selbstwirksamkeit

Vor vielen Jahren leitete ich gemeinsam mit einer Kollegin ein Gesundheitsprojekt für das Reinigungspersonal eines großen Krankenhauses. Es waren beeindruckende Frauen, viele aus Kasachstan, die spezialisierte Berufe gehabt hatten. Ihre Ausbildungen wurden aber in Deutschland nicht anerkannt und sie konnten in ihren Berufen nicht weiter arbeiten. Dann hieß es: Putzen kann jeder – was natürlich auch nicht stimmt. Aber zumindest gibt es dafür keine nur in Deutschland anerkannten Scheine. Egal.

Details erfragen als Schlüssel zum Erfolg – manchmal

An einem Punkt ging es um Belastungen im Job. Es war ein interessantes Gespräch und wir fragten viel nach Details. Beim Nachgespräch mit der Leiterin stellte sich heraus, dass das größte Problem auf einem Missverständnis beruht hatte – die Frauen hatten etwas ganz anderes gemeint, als bei der Chefin angekommen war. Das Problem ließ sich in der Folge ganz schnell lösen. Wären wir nicht so in die Details gegangen, hätte das nicht so gut geklappt. In der Folge brannte sich das „Genau nachfragen“ bei mir ein. Bis es mir auf den Kopf fiel.

Zu viel Fragen kann einen Workshop versemmeln

Jahre später. Ich machte eine Serie von Workshops, in denen es darum ging, Verbesserungen bei der Arbeit zu erreichen, eine sogenannte Arbeitssituations-Analyse. Ein Schritt dabei ist das Sammeln von Belastungen, die auf Post Its geschrieben und an eine Pinwand geklebt werden. In meinem „Details-sind-super“-Stil ging ich jedes einzelne Problem-Post-it mit der Gruppe durch. Einige waren mit viel Frust verbunden, da ging es dann ordentlich ab, jede/r hatte etwas dazu zu sagen und 10 Minuten vor Schluss waren die Teilnehmer:innen noch immer am schönsten Klagen.

Workshop vorbei, Gruppe im Jammertal

Für die Lösungsssuche blieben nur mehr ein paar Minuten und es kam nicht viel dabei heraus. Als Nebeneffekt war die Gruppe im Opfermodus. 2 Stunden Stories über Pleiten, Pech und Pannen, unfähige Vorgesetzte, schlechte Organisation – Arbeit war Scheiße. Ich war aber so überzeugt davon, dass Details zu jedem Problem wichtig waren, dass ich Jahre brauchte, um mich davon zu lösen.

Lösungsorientiert geht anders

Erst einmal wühle ich nicht mehr im Problem-Sumpf. Sammeln ist ok, aber dann geht es rasch ans Auswählen der wichtigsten Themen. Das geschieht in schnellen kleinen Gesprächsrunden, vorzugsweise mit 1-2-4-Alle aus den Liberating Structures, mit der Frage: „Was ist dir persönlich das größte Anliegen?“ Dabei stellt sich relativ rasch heraus, was wirklich wichtig ist und was bloß Nickeligkeiten sind. Nach einer halben Stunde beginnt schon das Bearbeiten. Dabei wird das Problem noch einmal angeguckt, aber strukturiert und sachlich: Was steckt dahinter? Was sind die Auswirkungen? Wie soll es sein? Was können wir selbst tun, wo müsste sich jemand anderer in der Firma drum kümmern?

Die Ergebnisse sind viel besser

Die Analysen sind gründlicher, die Lösungen beschränken sich nicht auf Symptome, sondern zielen auf die Ursachen – und die Teilnehmenden erleben sich als wirksam. Sie sind den Umständen nicht ausgeliefert, sondern können was ändern.

Ressourcen (Links kommen noch)

Ein Beispielablauf für eine Arbeitssituations-Analyse, wie ich sie jetzt mache
Liberating Structures, die eine Rolle spielen
1-2-4-Alle
3 W
15%-Lösungen

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